1835
Eduard Reichstein lässt sich in Brandenburg an der Havel nieder. Er eröffnet eine kleine Korbmacherwerkstatt in der Brüderstraße.
1838–1870
Der Handwerksbetrieb vergrößert sich und wechselt mehrfach den Standort:
Venedigstraße 622 (heute Hauptstraße 56)
Wollenweberstraße 2
Molkenmarkt 25
Steinstraße 4
1871
Gründung der Kinderwagenfabrik durch die Brüder Adolf, Carl und Hermann Reichstein (Eduard Reichstein bleibt Inhaber der Firma)
1875
Übergabe der Geschäftsführung von Eduard Reichstein an seine Söhne, Wechsel des Firmennamens in Gebrüder Reichstein
1882/83
Erste Versuche mit der Fahrradproduktion, zunächst Hochräder aus englischen Bauteilen, Bau von englischen Hochradmodellen für Jungen
1887–1892
In Großbritannien tritt das Handelsmarkengesetz in Kraft, damit werden Markennamen schutzfähig. In den Prospekten des Unternehmens Gebrüder Reichstein taucht bald der Markenname Brennabor auf (um 1892), zunächst nur für die Fahrräder, ab 1896 für alle Produkte.
Brandenburg hieß nie Brennabor! Bis in unsere Zeit hält sich die Legende, dass Brennabor der alte, slawische Name Brandenburgs sei. Tatsächlich taucht dieser Name zum ersten Mal in einer tschechischen Chronik von 1677 auf. Die Herkunft des Namens Brandenburg ist nach wie vor ungeklärt.
1893
Aufnahme der Serienproduktion von Fahrrädern. Korbwaren gehörn nicht mehr zum Produktionsprogramm.
1896
Firmenname Brennabor-Werke Gebr. Reichstein Brandenburg/Havel
1900
Firmenname Gebr. Reichstein Brennabor-Fahrrad-Werke – 40.000 Serienfahrräder verlassen in diesem Jahr das Werk
1902/03
Erste Versuche, Motorräder herzustellen, Aufnahem der Serienproduktion 1903
1905
Beginn des Automobilbaus
1908–1911
Bau der Brennaborette – ein dreirädriges offenes Auto
1910
Vollständig selbst entwickelte und produzierte Brennabor-Kraftwagen
1909 bis 1922
Neue Gebäude entstehen: In der Kirchhofstraße wird die Automobilproduktion ausgebaut, in dieser Zeit entsteht auch das Turbinenhaus am Stadtkanal, eines der ersten Betongebäude in der Region. Sein charakteristischer Schornstein prägte bis in die frühen 1990er-Jahre die Silhouette des Stadtviertels.
um 1914
Hochzeit der „Kleinwagenproduktion“, jährlich werden ca. 300.000 Puppenwagen, Leiter- und Kastenwagen sowie KInderwagen produziert, darunter auch der berühmte Patent-Klappkinderwagen
Erster Weltkrieg (1914–1918)
Brennabor produziert für die Armee. Das Werk ist mit der Herstellung von Rüstungsgütern wie Granaten, Geschosskörben, Satteltaschen für die berittenen Einheiten und Munition fast ausgelastet. In dieser Zeit verlassen kaum noch Automobile und Kinderwagen das Werk. Auch die anderen Produktionszweige leiden unter der Kriegsproduktion.
1916
Einstellung der Motorrad-Produktion wegen der Herstellung von Rüstungsgütern. Erst im Jahr zuvor hatte Brennabor mit der Serienporduktion eigener Vorderradgabeln begonnen.
1919
Nach der Umstellung auf die Friedenswirtschaft werden wieder Kraftfahrzeuge und Kinderwagen hergestellt. Auch Lieferfahrzeuge werden nun wieder hergestellt.
In den wirtschaftlich schwiereigen Zeiten schließen sich mehrere deutsche Firmen zur „Gemeinschaft Deutscher Automobilfabriken“ zusammen. Außer Brennabor gehören die Nationale Automobil-Gesellschaft (NAG) und die Hansa-Loyd AG zu der Vertriebsinteressengemeinschaft, die 1928 besteht.
1921
Die Jahresproduktion liegt bei 60.000 Fahrrädern.
1923
Beginn der Fließbandproduktion. Brennabor ist das erste deutsche Unternehmen, dass diese Methode in der Automobilproduktion anwendet. In der Fahrradherstellung hatten die Brennaborwerke schon längere Erfahrungen mit dem Fließband. In den folgenden Jahren wird die Fließbandproduktion weiterentwickelt und ausgebaut. Bis zum Jahr 1928 steigt die tägliche Produktionskapazität auf 120 Kraftfahrzeuge und 1000 Fahrräder.
1927
165.000 Kinderwagen verlassen jährlich das Werk.
1930–1942
Bau von Leichtmotorrädern, das erfolgreichste Modell, die G100 wird zwischen 1939 und 1942 produziert.
1931
In der allgemeinen Wirtschaftskrise führt die verfehlte Modellpolitik der Brennabor-Werke das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. Die mit bis zu 15 Millonen Reichsmark verschuldete Firma muss im Oktober 1931 Insolvenz anmelden. In den Verwaltungsberichten der Stadt Brandenburg heißt es dazu: Die Stillegung der Brennaborwerke in ihrer ganzen Bedeutung für das Wirtschaftsleben Brandenburgs kann man erst ermessen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Einwohnerzahl Brandenburgs sich in der Zeit von 1924 – 1931 durch die Entwicklung der genannten Werke um rd. 7.000 Personen erhöht hat. Die Entwicklung der Zahl der wegen Erwerbslosigkeit unterstützten Personen im Laufe der Berichtszeit spricht eine eindeutige, grausame Sprache.
(Magistrat der Stadt Brandenburg an der Havel, Verwaltungsbericht 1931/32, S. 7)
1932
Unter der Regie der Commerzbank, der Haupt-Gläubigerin der Brennabor-Werke, wird das Familienunternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Stichtag ist der 1. Juli 1932. Hauptanteilseigner ist die Commerzbank, Geschäftsführer wird der Bankier Eduard Gögelein von der Commerzbank.
Im ersten Aufsichtsrat sitzt unter anderem auch der Oberbürgermeister der Stadt Brandenburg an der Havel, Paul Szillat. Carl Reichstein junior übernimmt in der Geschäftführung den Posten eines Technischen Direktors.
Zunächst wird in allen Geschäftsfeldern weiter produziert (Kinder- und Puppenwagen, Kraftfahrzeuge und Fahrräder).
1933
Während die anderen Geschäftsfelder bald wieder Gewinne abwerfen, belastet die Kraftfahrzeugsparte das Unternehmen stark. Die Verluste waren zu einer „ernstlichen Gefahr für den Bestand der Gesellschaft“ geworden, wie die Bergwerkszeitung am 20. Juli 1934 meldet. Die Planungen für eine Wiederaufnahme der Automobilproduktion werden im Dezember 1933 endgültig aufgegeben.
1936
Am 21. April 1936 gründet die Brennabor AG die „Havelwerk GmbH“. Dabei handelt es sich um eine Tarnfirma zur Rüstungsproduktion. Die Firma besaß keinen eigenen Gebäude, Maschinen oder Anlagen, alles war von der „Verwertungsgesellschaft für Montanindustrie GmbH“ gepachtet. Die „Verwertungsgesellschaft“ gehörte zu einem Firmengeflecht unter der Kontrolle des Staates, das die Investionen auf dem Gebiet der Rüstung verschleiern sollte. Verschiedene Unternehmen wurden mit dem Bau und der Einrichtung von Rüstungsbetrieben beauftragt, die sie anschließend von der „Verwertungsgesellschaft“ pachteten. In Brandenburg an der Havel gab es mit der „Brandenburger Eisenwerke GmbH“ im Eigentum der Mitteldeutschen Stahlwerke AG noch ein weiteres Beispiel für dieses Vorgehen.
Die Havelwerk GmbH stellte in den folgenden Jahren unter anderem die Panzerbüchse 39, die 2-cm-Flak Typ 38 und die Kampfwagenkanoe Typ 38 her
Im eigentlichen Brennabor-Werk wurden u.a. Lafetten für die Flak, Militärfahrräder u.a. für die Rüstung hergestellt.
1939–1945
Während des Zweiten Weltkrieges steigt die Zahl der Beschäftigten auf über 6.000, unter ihnen zahlreiche verschleppte Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion, aus Italien, Polen, Kroation, Frankreich und anderen Ländern. Brennabor lässt auch im Brandenburg Zuchthaus produzieren.
Hinzu kamen noch die rund Arbeiter der Havelwerk GmbH, deren Zahl zwischen 1939 und 1945 von rund 1.000 auf über 2.000 anwuchs. Auch unter ihnen zahlreiche Zwangsarbeiter*innen.
Lager für Zwangsarbeiter*innen befanden sich unter anderem auf dem Gelände der Havelwerk GmbH an der Potsdamer Straße und ein Brennabor-Lager war in der Autowerkstatt der Firma in der Wilhelmsdorfer Straße, Ecke Gutenbergstraße untergebracht.
1945
Bei der Befreiuung Brandenburgs an der Havel durch die Rote Armee werden die Fabrikanlagen in der Bahnhofsvorstand schwer beschädigt.
Auf Grund seiner Rolle als Rüstunsgunternehmen, des Engagements der Geschäftsführung für den Nationalsozialismus und wegen der Ausbeutung der Zwangsarbeiter*innen fielen die Brennabor AG und die Havelwerk GmbH in den Geltungsbereich der Befehle 124 und 126 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland. Maschinen und Anlagen wurden demontiert und als Reparationen in die Sowjetunion verbracht. Später wurden die Unternehmen enteignet.
nach 1945
Schon mit der Gründung der Brennabor AG war in ???? die Brennabor Handelsgesellschaft mbH gegründet. Diese Bestand auch nach 1945 weiter und verkauft Fahrräder unter dem Namen „Brennabor“.